Rosalin Kuiper ist Profi-Hochseeseglerin und hat Psychologie mit dem Schwerpunkt „Teambuilding im High-Performance-Sport“ studiert. Zusammen mit Boris Herrmann und Will Harris war sie an Bord der Malizia „Seaexplorer“ beim Ocean Race 2022/23, von wo sie immer wieder auf Social Media gepostet hat. Sie ist weiterhin unter anderem auf Instagram und Linkedin aktiv, wo auch dieser Artikel von ihr erschien.

Positives Denken war schon immer ein zentraler Bestandteil meines Wesens. Es ist ein Wert, mit dem ich dank meiner Eltern aufgewachsen bin. Ich erinnere mich an ein Gespräch, das ich vor nicht allzu langer Zeit mit meinem Vater hatte. Wir unterhielten uns über das Leben und die Arbeit, und er sagte etwas, das mir im Gedächtnis geblieben ist: „Rosie, egal was passiert, immer lächeln.“ Dieser Ratschlag hat meine Sicht auf die Welt stark geprägt. Als ich aufgewachsen bin, haben wir in unserer Familie eine Übung gemacht, bei der wir uns angewöhnt haben, nur positiv zu sprechen. Anstatt zu sagen: „Lauf nicht weg“, sagten wir: „Geh bitte.“ Wir versuchten, negative Wörter wie „nein“ oder „nicht“ in positive Wörter umzuformulieren. Es mag unbedeutend erscheinen, aber diese Veränderung der Sprache hatte einen großen Einfluss darauf, wie unser Blick auf das Leben ist und wie wir es anpacken.

Auch heute noch ertappe ich mich dabei, wenn ich Bücher oder Artikel lese, wie ich negativ klingende Sätze in positive umformuliere. Diese Angewohnheit ist wie ein Werkzeug, das ich überall und in jeder Situation bei mir trage.

Ich erinnere mich an den Tag, an dem mein Boot vor der niederländischen Küste sank. Das war einen Tag, bevor ich mein Psychologiestudium abschließen sollte. Es war auf einer Schiffsüberführung, als wir eine Sandbank berührten, der Kiel abbrach und das Boot sank. Als ich mit einem Besatzungsmitglied zusammensaß und auf die niederländische Küstenwache wartete, machte ich eine absurde Bemerkung: „Ja, wir sinken … aber fantastisch, dass wir die Küste noch sehen können!“ Mein Teamkollege sah mich ungläubig an. Aber selbst in diesem extremen Moment fiel es mir leichter, die Situation zu bewältigen, wenn ich etwas Positives fand.

Mir ist inzwischen klar geworden, dass eine positive Grundhaltung nicht nur eine persönliche Eigenschaft ist – sie ist ansteckend. Wenn du eine Situation mit einem Lächeln angehst, wollen die Leute in deiner Nähe sein. Das bringt ein Gefühl von Energie und Offenheit in ein Teamumfeld. Ich habe das auf den Booten, auf denen ich gesegelt bin, selbst erfahren. Sogar wenn die Bedingungen schwierig und alle erschöpft sind, hebt es die Moral des Teams, wenn man eine positive Einstellung behält. Und es kommt nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch wie man es sagt. Diese Energie überträgt sich.

Es gibt tatsächlich einen psychologischen Grund, warum Lächeln funktioniert. Wenn du jemanden anlächelst, wird ein Teil des Gehirns, der orbitofrontale Kortex, aktiviert, der Wohlfühlhormone wie Dopamin und Serotonin freisetzt. Aus diesem Grund ist Lächeln so ansteckend! Wenn ich die Straße entlanglaufe oder in ein Geschäft gehe, versuche ich, so breit zu lächeln, dass die Leute gar nicht anders können, als zurückzulächeln. Das ist ein kleines Experiment, das mir Spaß macht – und es funktioniert immer. Eine positive Einstellung macht süchtig, und die Menschen wollen mit Menschen zusammen sein, die diese Energie ausstrahlen. Wir alle stehen vor Herausforderungen, aber der Schlüssel ist, diese Herausforderungen als Hürden zu sehen, die man überwinden kann. Vielleicht kannst du die Situation nicht kontrollieren, aber du kannst dich darauf konzentrieren, zu kontrollieren, wie du sie wahrnimmst.

Ich glaube wirklich, dass sich meine Karriere so gut entwickelt hat, weil ich mich bemühe, das Positive zu sehen und entsprechend zu handeln. Ich glaube, das ist es, was andere manchmal inspiriert, mich auf ihr Boot zu holen. Ich lerne jeden Tag dazu und strebe danach, eine bessere und komplettere Seglerin zu werden. Ich stelle mich gerne meinen Stärken und Schwächen und arbeite an ihnen. Ich sehe es als eine meiner Stärken und Aufgaben an, Menschen durch meine positive Haltung miteinander zu verbinden und ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich befähigt fühlen, die beste Version ihrer selbst zu sein. Das ist es, was das Segeln in einem Team magisch und so lohnend macht.

In der Geschäftswelt ist es dasselbe: Beziehungen beruhen auf mehr als nur auf Fähigkeiten. Sie beruhen darauf, wie du deine Mitmenschen ansprichst, und eine positive Ausstrahlung kann dich weiter bringen, als du vielleicht denkst.

Wie kannst du also mehr von einer positiven Haltung in dein Leben bringen? Hier sind ein paar einfache Tipps:

Positives Denken ist eine Entscheidung. Es ist eine Lebenseinstellung. Es ist der Schlüssel, um selbst in den schwierigsten Situationen Freude zu finden, und es ist ein Werkzeug, das mich durch meine Segelkarriere und darüber hinaus getragen hat. Aber ich habe auch entdeckt, dass ich manchmal Hilfe von außen brauche, um Lösungen zu finden. Um Unterstützung zu bitten, in welcher Form auch immer, von Freunden, Familie oder professioneller Hilfe, ist meiner Meinung nach die beste Form der Selbstfürsorge, die es gibt! Ich ermutige jeden, sich selbst in jeder Form zu unterstützen, die er braucht, um glücklich zu sein. Für mich bedeutet Glück, unabhängig und frei zu sein, zu segeln und von der Natur umgeben zu sein. Für andere bedeutet es vielleicht, sich einer Herausforderung zu stellen und sie zu lösen, die sie zurückhält. Die richtige Unterstützung zu finden, kann dir helfen, dieses Ziel zu erreichen. 

Ja, wir sind vielleicht am sinken... aber ist es nicht fantastisch, dass wir die Küste noch sehen können?